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Edelgard Struss

Amtsdiener

   Ich sagte guten Morgen. Eine schwache schlangengleiche Bewegung der Rücken dieser Herren deutete an, daß man meinen Gruß ohne entschiedenen Unwillen aufnahm; der eine machte sogar eine Geste mit dem rechten Stiefelabsatz, die einen Handschlag bedeuten mochte. Ich fragte, ob einer der Herren frei wäre und mir die Lokalitäten zeigen könne. Sie erklärten verhindert zu sein; sie hatten Order, das Wartezimmer nicht zu verlassen. Ich fragte, ob es nicht noch mehr Amtsdiener gebe. Ja, es gebe wohl noch mehr. Aber der Oberamtsdiener habe Ferien, der erste Amtsdiener habe Urlaub, der zweite Amtsdiener sei dienstfrei, der dritte sei auf der Post, der vierte sei krank, der fünfte hole Trinkwasser, der sechste sei auf dem Hof, „und da sitzt er den ganzen Tag“; übrigens „pflegt kein Beamter vor ein Uhr da zu sein.“ Damit erhielt ich einen Wink, daß mein früher, störender Besuch unpassend sei, und eine Andeutung, daß die Amtsdiener auch Beamte sind.

 
S. 12 aus: August Strindberg: Das Rote Zimmer. München bei Georg Müller 1922. Text nicht mehr urheberrechtlich geschützt