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Edelgard Struss

Rede des Baumpflegers


Die beiden Buchen, mein Herr,
stehen zu eng ebieinander,
das bringt Reibung und Tod.
Wir alle brauchen Distanz.
Auch Sie sind doch froh,
nichts weiter von mir zu wissen!
Die Vorstellung, daß ich für immer
neben Ihnen stehen bliebe,
erfüllt Sie, ich spür' es, mit Panik.
Eine muss also weichen.
Schlägt Ihr Herz, aus guten Gründen,
für den schwächeren Baum oder
darf ich ihn schlagen?
Sie träumen vom Gleichgewicht
in der Natur, das ist ein Fehler.
Ungleichgewicht, das ist es,
was unser Leben erhält.

 


S. 32 aus: Michael Krüger, Reden und Einwürfe. Gedichte. Copyright Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 2008. Alle Rechte bei und vorbehalten durch Insel Verlag Berlin. - Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags