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Edelgard Struss

Klavierspieler

   Da klingelte es, und die Tür des hellerleuchteten Salons flog auf; ein Klavierspieler in engem Frack stelzte wie ein schwarzer Kranich herein und stieß mit einem vorbeiflitzenden Kellner zusammen, der eine Pappschachtel mit allerlei buntem Flitter für den Kotillon trug. Der Klavierspieler legte seine Noten zurecht, blies zärtlich den Staub von der Tasten und trat aufs Pedal; er erinnerte an einen Lokomotivführer, der seine Kessel prüfte. Als er sich überzeugt hatte, daß das Instrument in Ordnung war, hob er seine Frackschöße, setzte sich auf den Klavierschemel und legte die Finger auf die Tasten; er erstarrte. Dann - ein donnernder Akkord: die Wände zitterten.

 
S. 160 aus: Andrey Belyj, Petersburg. Zitiert nach der Ausgabe: Deutsche Buchgemeinschaft, Berlin 1963 (1919). Text nicht mehr urheberrechtlich geschützt