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Edelgard Struss

Landsknecht

Hunger und Durst, auch Hitze und Kält,
Arbeit und Armut, wie es auch gefällt,
Gewalttat und Ungerechtigkeit
Treiben wir Landsknechte allezeit.

   Diese Verse waren keineswegs erlogen, sondern stimmten mit ihrem ganzen Tun und Wesen überein, das noch aus nichts besteht als Fressen und Saufen, Hunger- und Durstleiden, Hurerei und Knabenschänden, Lärmen und Spielen, Schlemmen und Schwelgen, Morden und Ermordetwerden, Totschlagen und Totgeschlagenwerden, Foltern und Gefoltertwerden, Vertreiben und Vertriebenwerden, Ängstigen und Geängstigtwerden, Rauben und Beraubtwerden, Plündern und Ausgeplündertwerden, Sichfürchten und Gefürchtetwerden, Jammer bereiten und Jammer erleiden, Schlagen und Geschlagenwerden; kurz, immer nur zugrunde richten und beschädigen und dafür wieder zugrunde gerichtet und beschädigt werden, woran sie weder der Winter noch der Sommer, weder Schnee noch Eis, weder Hitze noch Kälte, weder Regen noch Wind, weder Berg noch Tal, weder Feld noch Morast, weder Gräben, Pässe, Meer, Mauern, Wasser, Feuer noch Wälle, weder Vater noch Mutter, Brüder und Schwestern, weder Gefahr ihres Leibes, ihrer Seele noch ihres Gewissens, ja weder der Verlust ihres Lebens noch der des Himmels noch sonst etwas, das sich mit einem Namen benennen ließe, hindern konnte. Also taumelten sie in ihren Taten und Untaten immer eifrig fort, bis sie schließlich bei Schlachten, Belagerungen, Erstürmungen, Feldzügen und selbst in ihren Quartieren (die doch das irdische Paradies der Soldaten sind, vor allem, wenn sie darin fette Bauern antreffen) nach und nach umkamen, starben, verdarben und krepierten, ausgenommen einige wenige, die im Alter, wenn sie nicht genug erbeutet und gestohlen hatten, die allerbesten Bettler und Landstreicher abgaben.

 
S. 56 - 57 aus: Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, Der abenteuerliche Simplizissimus Deutsch. Aus dem Deutschen des 17. Jahrhunderts von Reinhard Kaiser. © Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2.2009 - Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags