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Edelgard Struss

Verwalter

   Nun erschien der Verwalter. Es war ein Mann von etwa vierzig Jahren, ohne Bart und mit einem Rock angetan; er hatte hier offenbar ein sehr ruhiges Leben, denn sein Gesicht war voll und wie geschwollen, und die gelbliche Gesichtsfarbe und die kleinen Äuglein wiesen darauf hin, dass er allzu gut wusste, was Federbetten und Daunenkissen sind. Es war ihm sofort anzusehen, dass er die gleiche Laufbahn hinter sich hatte wie die meisten Gutsverwalter; anfangs hatte er einfach als ein des Lesens und Schreibens kundiger Junge im Herrenhaus gelebt, hatte dann irgendeine Agaschka, die Wirtschafterin und Favoritin der Hausfrau, geheiratet und war dann selbst Haushälter und zuletzt Verwalter geworden. Sobald er aber Verwalter geworden war, trieb er es genauso wie alle Verwalter: Er verkehrte mit allen reicheren Bauern des Dorfes, stand bei ihnen Gevatter, legte den ärmeren Bauern schwere Fronarbeit auf, pflegte erst um neun Uhr früh aufzustehen, dann auf den Samowar zu warten und Tee zu trinken.

 
S. 37 aus: Nikolai Wassiljewitsch Gogol: Die toten Seelen. Wiesbaden: Marix Verlag 2009 (1925). Text nicht mehr urheberrechtlich geschützt